Vor etwas mehr als 350 Jahren starb der Universalgelehrte Blaise Pascal (geb. 19. Juni 1623 in Clermont-Ferrand; gest. 19. August 1662 in Paris). Berühmt machte ihn unter anderem ein raffiniertes Gedankenexperiment.
Stellen Sie sich vor, Sie müssten auf Gottes Existenz oder Nichtexistenz wetten. Die Wahrscheinlichkeit seiner Existenz soll zumindest grösser als null sein. Nehmen Sie ausserdem an, dass Gott Gläubige mit ewiger Seligkeit belohnt, Ungläubige aber völlig auslöscht oder ewig in der Hölle schmoren lässt. Gehen Sie schliesslich davon aus, dass der Glaube den Verzicht auf gewisse irdische Freuden (gutes Essen, Alkohol, Fleischeslust etc.) erforderlich macht.
Mit anderen Worten: Wenn Gott existiert, hat der Gläubige unendlich viel zu gewinnen (ewige Seligkeit), der Ungläubige aber unendlich viel zu verlieren (das Nichts oder ewige Verdammnis droht). Wenn er aber nicht existiert, verliert der Gläubige nur wenig (flüchtige Vergnügungen), während der Ungläubige ebenso wenig gewinnt. Wer würde unter diesen Voraussetzungen nicht auf Gottes Existenz setzen?
Gott ist unbeweisbar
Dieses Gedankenexperiment steht in Blaise Pascals postum (1670) veröffentlichtem Werk "Pensées sur la religion et sur quelques autres sujets" (Gedanken über die Religion und einige andere Themen). Manchen ist der 1623 in Clermont-Ferrand geborene Sohn eines hohen Steuerbeamten wohl eher aufgrund seiner grossen Leistungen in der Mathematik und den Naturwissenschaften ein Begriff. So ist etwa das "Pascal'sche Dreieck", mit dem sich unter anderem Binomialkoeffizienten bestimmen lassen, nach ihm benannt. Eine Masseinheit für den Druck heisst heute Pascal, weil es ihm 1647 gelang, in einem berühmten Experiment die Existenz eines Vakuums nachzuweisen.
Nach einem mystischen Erlebnis beschäftigte er sich gegen Ende seines kurzen Lebens immer mehr mit religiösen Fragen. Dabei gelangte der Vernunftmensch Pascal zu der Überzeugung, dass die Vernunft Gottes Existenz weder beweisen noch widerlegen kann; allein der Glaube kann uns die Gewissheit verleihen, dass das höchste Wesen existiert. Dass dieser Glaube aber seinerseits nicht irrational ist, versuchte er mit dem oben erwähnen Argument nachzuweisen.
Fragwürdige Voraussetzungen
Ist es überzeugend? Wenn man Pascals Voraussetzungen akzeptiert, ist daran nicht zu zweifeln; der Atheist hätte in diesem Fall schlechte Karten. Allerdings erscheint es mehr als fraglich, ob man das tun sollte.
Wenn Gott existiert, dann ist er allmächtig, allwissend und uneingeschränkt gut. Würde ein gütiger Gott aber wirklich ewige Höllenstrafen verhängen? Würde er nicht viel mehr gutes Handeln auf Erden nach dem Tod belohnen und versuchen, irdische Übeltäter nach ihrem Ableben auf den Pfad der Tugend zu führen? Dies könnte er aber kaum durch grausame Züchtigungsmassnahmen erreichen, die im Allgemeinen eher kontraproduktiv sind. Wir sollten uns also nicht allzu sehr vor der Hölle fürchten.
Ist es für Gott wirklich so wichtig, dass Menschen seinetwegen auf die Freuden des Lebens verzichten und ihm so ihre Reverenz erweisen? Es wäre doch merkwürdig, wenn er in seiner unendlichen Grösse so viel Wert auf die Verehrung durch so unbedeutende Wesen wie uns Menschen legen würde. Abgesehen davon zeigt die enorme Vielfalt der existierenden Religionen, dass wir von einem Konsens über die richtige Form der Verehrung weit entfernt sind; nicht alle Glaubensrichtungen fordern von ihren Anhängern strikte Askese.
Ist es eigentlich plausibel, dass Gott Menschen bestraft, die nicht fähig sind, an ihn zu glauben? Das wäre doch ein starkes Stück von ihm, denn schliesslich war es ja er, der den Menschen erschaffen und mit unzureichenden Erkenntnismitteln ausgestattet hat. Der Philosoph, Mathematiker und bekennende Atheist Bertrand Russell wurde einmal gefragt, was er sagen würde, wenn Gott wider Erwarten doch existieren und ihn nach seinem Tod wegen seines Unglaubens zur Rede stellen sollte. Er antwortete: "Not enough evidence, God, not enough evidence!" (Nicht genug Beweise, Gott, nicht genug Beweise).
Wenn man ein derartiges Gottesbild zugrunde legt, scheint es nicht darauf anzukommen, wie man sich bei Pascals Wette entscheidet. Ein gütiger Gott würde keinen wesentlichen Unterschied zwischen einem Gläubigen, einem Agnostiker und einem Atheisten sehen, solange er ein guter Mensch war.
Natürlich bleibt es dem Leser unbenommen, zu einer gänzlich anderen Schlussfolgerung zu gelangen.
Text: Rolf Maag, 2014
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The Boys of Taormina
"Ich sterbe vor Liebe zu ihm, perfekt in jeder Hinsicht,
Verloren in den Klängen der wabernden Musik.
Meine Augen sind auf seinen reizenden Körper gerichtet
Und ich wundere mich nicht über seine Schönheit.
Seine Taille ist ein Schössling, sein Gesicht ein Mond,
Und Lieblichkeit perlt von seinen rosigen Wangen
Ich sterbe vor Liebe zu dir, doch behalte dieses Geheimnis:
Das Band, das uns bindet, ist ein unzerreißbares Seil.
Wie viel Zeit hat deine Schöpfung gebraucht, oh Engel?
Und wenn schon! Alles, was ich will, ist dein Loblied singen."
Abu Nuwas (757 - 815)
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Der Lurchi am 20.01.2024 Hallo, in der MEWO, Kunsthalle Memmingen fand vom 27.1. bis 26.10.2008 die Ausstellung...auch ich in Arkadien mit Fotos Wilhelm von Gloeden statt. Es wurde dort auch der Bildband verkauft. Die Fotos: Die Sammlung Heinz Peter Barandun Zürich.
Robert Bolli: Davon habe ich viel später gelesen. Da habe ich tatsächlich etwas verpasst. Damals hatte ich mich eben noch mit anderen Dingen beschäftigt. Der Ausstellung ging eine Welle der Empörung voraus und sie wurde von verschiedenen Kreisen boykottiert. Vielen Dank für den Hinweis. Mehr zum Thema: auf S. 34 im Blog.
JuliusCaesar am 14.01.2021 Gibts noch mehr davon???
Robert Bolli: Später bestimmt! Von Gloeden war ein Genie seines Fachs und irgendwie seiner Zeit voraus.
Anonym am 11.01.2021 Wer ist der Fotograf?
Robert Bolli: Wilhelm von Gloeden.
Zur Erinnerung
"Die Metamorphose des trinkenden Mannes" (Auszug)
Mark denkt - man müsste mal eine Anklageschrift der werktätigen Bevölkerung gegen die (sogenannte) herrschende Klasse schreiben.
Wir haben es satt, dass ihr lebt wie die Maden im Speck, den Speck, den ihr aus unseren Rippen schneidet.
Wir sind es leid, dass wir euch von unseren Steuern bezahlen müssen und ihr selbst die Höhe der Bezahlung bestimmt.
Wir haben es satt, dass ihr öffentliche Gelder verschwendet und für euch selbst Schwarzkonten in der Schweiz anlegt.
Wir sind es leid, dass ihr euch anvertraute Sozialbeiträge veruntreut und die Rentenkasse plündert.
Wir haben es satt, dass ihr euch ständig die Diäten (Dividenden?) erhöht, jedoch eine Hartz-4-Erhöhung von 5 Euro für unbezahlbar erklärt.
Wir sind es leid, dass eure Doktorarbeiten abgeschrieben und gestohlen sind und ihr euch trotzdem als geistige Elite fühlt.
Wir sind es leid, dass ihr bestimmen dürft, dass unser liberales Land wieder in den Krieg ziehen soll.
Wir verachten euch dafür, dass ihr auf uns herabseht, obwohl ihr ohne unser Hände Arbeit nicht existieren könntet.
Wir haben es satt, dass ihr korrupte Banken mit Steuergeldern saniert, während viele Menschen im Lande ihre Mahlzeit in Tafelläden (Gassenküchen) einehmen müssen, weil ihr Einkommen nicht zum Leben reicht.
Wir sind es leid, dass ihr aus Profitgier gesunde Firmen ruiniert, dadurch Tausende arbeitslos macht, und euch anschliessend mit einer Millionenabfindung in den Ruhestand verabschiedet.
Wir haben es satt, dass ihr euch in eurer grenzenlosen Arroganz für unangreifbar haltet, und meint, über den Gesetzen zu stehen.
Wir haben euch satt - eure masslose Gier - eure elitäre Überheblichkeit - eure Verschwendungssucht und eure Ignoranz - wir wollen euch nicht mehr.
Drum, Völker, hört die Signale: Auf zum letzten Gefecht
Die Internationale erkämpft das Menschenrecht.
geschrieben am 18.04.2014 / 12:04 // Markus Rehmann (7.Januar 1956 - 25. April 2017)
Näheres dazu auf Seite 8 meines Blogs...
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Vintage drawing
Der Ziehbrunnen an der Abendstrasse 22 zu Schaffhausen
Die Bleistiftzeichnung entstand zu Beginn des Frühlings 1978 im Rahmen einer Studie und diente als Vorlage, um Skizzen anzufertigen, für die Beschaffung eines (schmiedeeisernen) Seilzuges über dem Brunnenring. Das Projekt konnte leider aus Kostengründen nie realisiert werden. Der Brunnenring, der zuerst nur lose auf dem Gartenboden platziert wurde, bestand aus lediglich einem Stück Muschelkalk (!!!) und besass stattliche Ausmasse: Die äussere Form beschrieb ein perfekt proportioniertes Oktogon mit etwa vierzig Zentimeter dicken Wänden, wobei der Sockel und die eigentliche Ringabdeckung um zirka 5 Zentimeter abgesetzt waren. Das verlieh dem Brunnen zusätzliche Schönheit und Würde. Die sauber ausgearbeitete Höhlung im Zentrum wies einen Durchmesser von rund einhundert Zentimetern auf. Zwei gegenüberliegende, senkrechte Fräsrillen sowie acht Bohrungen mit noch vorhandenen Schraubenfragmenten bestätigten das frühere Vorhandensein eines eisernen Aufzugs (eventuell sogar mit einer Seilwinde? - man weiss es nicht). Vom ursprünglichen Standort des Brunnens ist leider nichts bekannt.
Da der Brunnenring aus nur einem Stück bestand, konnte er nur per Lkw herangefahren und mit dem Kran abgeladen werden. Die restliche Verschiebung von etwa zwanzig Metern zum definitiven Standort erfolgte mittels Holzrollen und der Muskelkraft mehrerer Gärtner. Der Brunnen wurde lediglich auf rohem Erdboden abgestellt und verblieb so für die nächsten Jahre. Später begann ich mit der etappenweisen Aushöhlung des Erdmaterials von Innen her auf eine Tiefe von etwa einem Meter, und verpasste der Brunnengrube eine Auskleidung mit Kalksandsteinen, die ich sorgfältig mit Zement verfugt habe, und die dem Innendurchmesser des Rings entsprach. Anschliessend erhielt der Brunnen einen wasserdichten Betonboden. So bekam der Brunnen - jeweils mit Regenwasser gefüllt - doch noch eine gewisse Funktion, anstatt nur dem Blickfang zu dienen.
Meine Zeichnung habe ich wie gesagt an einem milden Vorfrühjahrstag angefertigt, zusammen mit meinem ehemaligen Klassenkameraden Daniel Ambauen, der damals in der Ausbildung zum Hochbauzeichner stand. Kurz zuvor war ich achtzehn Jahre alt geworden. Die Situation zeigt den Brunnen kurz nach der vollendeten Renovation des Gartens. Daher die noch abgestützte und schüttere österreichische Schwarzkiefer, die im Laufe der Jahre zu einem stattlichen 10-Meter-Baum heranwuchs, und später aus Sicherheitsgründen gefällt werden musste. Die noch dichtbenadelte Blautanne im Vordergrund ging auf die Idee von Daniel zurück. Es handelte sich hierbei um den ehemaligen Weihnachtsbaum, den wir kurzerhand in die Bodenhülse des Stewi-Wäscheschirms gesteckt hatten. Der Blick geht von der südöstlichen Hausecke in Richtung Liegenschaft Abendstrasse 20, die damals noch vom Ehepaar Furger bewohnt wurde.
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Melanie am 09.01.2021 Hi Robert, ich wusste gar nicht, dass du gezeichnet hast. War das ein Hobby von dir?
Robert Bolli: Hallo Melanie, ich hatte bereits in meiner Jugendzeit so manche "Kreativ-Phase". Später, während dem Studium an der Gartenbauschule Oeschberg (BE) kam mir das besonders zu gute. Leider hatte ich danach das Zeichnen zu sehr vernachlässigt. Eigentlich schade, aber es ist halt so.
Happy New Year 2021!
Zum Jahresbeginn hier zwei stimmungsvolle Fotokarten, die als Festtagsgruss vom Vorstand des regionalen Gartenbauvereins Schaffhausen an seine Mitglieder versendet wurden.