Robert Stephan Bolli

Jean-Xavier de Combeloup




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Parco Trevelyan; Taormina

Zusammen mit dem antiken griechisch-römischen Theater, gehört der Parco Trevelyan zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten von Taormina. Die Geschichte des Parks beginnt im Jahr 1890, als am 13. Juli die britische Adelige Florence Trevelyan den Arzt und langjährigen Bürgermeister von Taormina, Salvatore Cacciola, heiratete. Wie es dazu kam, erzählt uns die abenteuerliche Biografie der Lady Florence, die einen ebenso skandalösen wie auch romantischen Charakter hat, und deshalb lohnt es sich, darüber zu erzählen. Hier jedoch nur in Kürze: Florence wurde am 7. Februar 1852 in Newcastle upon Tyre in eine schottische Adelsfamilie hineingeboren und erhielt eine hervorragende Ausbildung in Gartengestaltung am Hofe der britischen Königin Victoria. Sie interessierte sich für Geschichte und Kultur und unternahm ausgedehnte Reisen nach Europa und Nordafrika. Im Februar 1884 kam heraus, dass sie eine Affäre mit dem ältesten Sohn und Thronfolger der Königin, mit Eduard VII. unterhielt, der bereits mit Prinzessin Alexandra von Dänemark verheiratet war. Dies veranlasste die für ihre Strenge und Sittlichkeit berühmt-berüchtigte Queen Victoria, Lady Florence umgehend aus London zu verbannen. Diese Bestrafung brachte, wie wir heute wissen, der Lady nur Vorteile ein. Sie liess sich des milden Klimas wegen in Taormina, an der sizilianischen Ostküste nieder, wo sie ihr Familienglück fand.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Um zusammen zu leben, kaufte das Paar nicht weniger als 87 Grundstücke auf, sodass ihr Grundbesitz über den gesamten Abhang von der Via Bagnoli Croce hinunter bis nach Giardini an der Küste reichte. Mehrere alte Häuser auf der Südterrasse der Stadt, liessen sie abreissen, und bauten an ihrer Stelle eine prächtige Villa und einen herrlichen Garten, der den Namen Parco Trevelyan erhielt. Am 4. Oktober 1907 starb Lady Florence und im Februar 1923 wurde der Park als Gemeindeeigentum durch die Stadt erworben. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nach der Überführung in städtisches Eigentum wurde der Park offiziell nach Giovanni Colonna, Duca di Cesaro (Parco Duca di Cesaro) benannt. Di Cesaro war Minister der königlichen Post- und Telegrafendienste und hatte die Zuweisung von Mitteln an die Verwaltung von Taormina für den Kauf des Parks sichergestellt. Die Einheimischen jedoch nennen diesen Ort lieber Stadtpark (Villa Comunale) oder Florence Trevelyan Park (Parco Florence Trevelyan).

Der Park umfasst eine Fläche von 22'400 m2 und liegt auf einer süd-westwärts gerichteten Terrasse, etwa 200 Meter über dem Meeresspiegel. Die Anlage ist zur Stadt hin vollständig von mannshohen Mauern oder Eisenzäunen umgeben und wird nachts ab 23.00 Uhr geschlossen, um sie vor Vandalismus zu schützen. Der Park ist botanisch wie auch historisch in drei Themenbereiche gegliedert: Im zentralen Teil des Parks, wo sich der Haupteingang befindet, gibt es einen kreisrunden, ebenen Platz, der für verschiedene kulturelle Anlässe wie Musik und Tanz zur Verfügung steht. Im weiteren Umfeld finden sich mehrere Denkmäler, die an die gefallenen Soldaten des Ersten Weltkriegs (1914-1918) erinnern. So ist u. a. ein gut erhaltenes, bemanntes Torpedo italienischer Bauart oder eine Kanone aus dem Jahr 1915 zu bestaunen. Hochstämmige Bäume wie Zedern, Zypressen, Kiefern und Palmen spenden willkommenen Schatten. Im Zentrum des Parks befindet sich eine kreisrunde, dolmenartige Anlage, die an neolithische Menhire erinnert. Es handelt sich dabei um das Grabmal, das Lady Florence für ihre fünf Hunde errichten liess.

Ein zweiter Abschnitt der Anlage beherbergt zahlreiche exotische Gewächse, teils aus Südamerika, teils aus China und Japan. Sie setzen als Solitäre markante Punkte, finden sich in Heckenpflanzungen oder erklimmen Stützmauern und Balustraden. In einem weiteren Teil dominiert ein Olivenhain und wiederum erinnern Gedenktafeln an Kriegsgefallene aus Taormina.

Die grössten Publikumsmagnete aber bilden die im Zentrum des Parks, in den Jahren 1890 - 1899 errichteten eklektischen Fantasiebauwerke, die mit ihren weit ausladenden Ziegeldächern, Balkonen und Türmchen, entfernt an asiatische Tempelanlagen beziehungsweise Pagoden erinnern. Ihre Entstehung beruht auf Ideen und Plänen von Lady Florence Trevelyan, die in den Bauten, die sie selbst manchmal als "Torheiten" dann wieder als "Bienenstöcke" bezeichnete, Volieren mit exotischen Vögeln einrichtete, auch, um Ornithologen bessere Beobachtungsmöglichkeiten zu bieten. Des Weiteren verbrachte die Lady einen beachtlichen Teil ihrer Lebenszeit unter diesen Veranden, um zu lesen, Tee zu trinken und zu entspannen. Ursprünglich waren alle dieser Einrichtungen, die mit den unterschiedlich-sten Baumaterialien errichtet wurden, begehbar. Inzwischen jedoch wurden sie aus Sicherheitsgründen für die Besucher gesperrt.  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Übrigens: Gemäss ihrem Testament, wurde Lady Florence in einem Mausoleum in Menticino, unterhalb des Monte Venere (nahe des Ortes Castelmole), beigesetzt. Ihr einziges Kind starb bei der Geburt. So blieb die Lady letztlich  eine Einzelgängerin. Salvatore Cacciola starb 1926. Sein Wunsch war es, anonym bestattet zu werden. So wollte er "für immer bei den Demütigen verbleiben", denen er stets so nahegestanden war.

 

Publiziert am 24. Februar 2024

Fotos und Text: Robert Stephan Bolli

 

 

 

 




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Babbo (Doriano) am 18.06.2024
Lieber Robert, Ein grosses Kompliment für die tolle Zusammenstellung in Taormina, du hast das sehr engagiert zusammengetragen und in deinem Blog veröffentlicht. Vielen Dank für die Horizont Erweiterung. Lieber Gruss Babbo
Robert Bolli:
Lieber Babbo, es freut mich, dass dir mein Beitrag gefällt. Vielen Dank für dein Feedback. Taormina ist absolut sehenswert, die Leute sind sehr freundlich und entgegenkommend. Ich würde jederzeit wieder dorthin reisen. Ich kann sehr gut verstehen, warum bereits vor hundert Jahren sich so mancher Fremde auf diesem hübschen Flecken niedergelassen hat. Lieber Gruss zurück, Robert

Felix Nadar

Felix Nadar: Fotografie des Jungen Bertrand de Lesseps (Paris 1910)




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Das Problem der Dummheit

"Das Problem der Dummheit ist vielleicht das Unergründlichste von allen. Man hat von Paradiesen geträumt, wo alle Menschen glücklich wären, wo Menschen aller Farben gut wären. Aber, man hat noch nie von Paradiesen geträumt, in denen alle Menschen intelligent wären. Das ist nicht einmal verträumt."

nach Henry der Montherlant




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Orest Adamovich Kiprensky

Orest Adamovich Kiprensky: "Der junge Gärtner"; Öl auf Leinwand; 62 cm x 49,5 cm; gemalt in Italien gegen 1817. Russisches Museum, Sankt Petersburg.  O. A. Kiprensky, auch als russischer Van Dyck bekannt. Geboren am 13. März 1782 in Nezhnovo, Russland; verstorben am 12. Oktober 1836 in Rom, Italien. Daten nach dem Julianischen Kalender.




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